Väter von Sternenkindern

Die Trauer und Sorgen der Väter nach Stiller Geburt und Fehlgeburt

Trauern Väter anders als Mütter? Trauern Männer anders als Frauen? Diese Frage wird immer wieder gestellt. Generell trauern Menschen unterschiedlich und es kommt auf den Charakter, die Ressourcen, Vorbelastungen, etc. an, wie Menschen einen Verlust verarbeiten und welchen Weg in der Verarbeitung sie einschlagen. 

 

 

Aber immer wieder wird auch zurecht kritisiert, dass der Blick auf Trauerbewältigung sehr weiblich geprägt ist und oftmals nicht zu den Verarbeitungsstrategien von Männern passt. Roland Kachler sagt dazu: "Unsere Trauerpsychologie ist keineswegs geschlechtsneutral, sondern sie ist weiblich" -Zeit, um mehr Angebote von Männern für Männer zu schaffen und das bedeutet in unserem Fall: für die Väter von Sternenkindern. Wir haben dazu ein Interview mit Matthias Hesselmann geführt, der in München regelmäßig Abende für Sternenkindväter anbietet. Die neuesten Termine für die Sternenväterabende findet ihr unter "Veranstaltungen"

Interview über Trauer und  Sternenkindväter mit Matthias Hesselmann

Matthias Hesselmann, Traumatherappeut, Osteopath
Matthias Hesselmann, Traumatherappeut, Osteopath

Matthias, du bietest am Haus der Familie einen Abend für Väter von Sternenkindern an. Wie bist Du dazugekommen? 

Das war ein eher unkonventioneller Weg. Ich leite eine Praxis für Naturheilverfahren, Osteopathie und Traumatherapie. Und meine Frau ist Hebamme und auch in unserer Praxis tätig. Das heißt, ich arbeite schon lange mit Familien mit Kinderwunsch, mit Schwangeren, aber auch mit Familien, bei denen ein Kind gestorben ist. Ich arbeite in der Elternschule auch mit angehenden Vätern im Kontext von Geburtsvorbereitungskursen und merke, wie gut es den Männern tut, dass es um ihre Belange geht. Und es hat sich gezeigt, dass es auch einen Bedarf für Väter von Sternenkindern gibt. Männer trauern auch, aber manchmal anders als Frauen.  

 

Was erwartet denn die Väter, die sich für den Abend anmelden? 

Ich möchte den Vätern, die ein Kind so früh verloren haben, die Möglichkeit geben auf ihre eigene Art und Weise mit dem Geschehenen umzugehen. In der Paarbeziehung können Väter erleben, dass Ihre Partnerin vielleicht anders trauert. Aber es gibt kein Wertesystem, wer wie richtig oder falsch trauert. Das wichtigste ist vielleicht, dass jeder was sagen kann, aber keiner was sagen muss. Es soll eine Möglichkeit sein, dass die Väter sich mitteilen können. Gemeinsame, einschneidende Erfahrungen können verbindend sein.  

 

Warum willst du mit den Männern “unterwegs” sein? 

Ich bin sehr gerne in der Natur unterwegs. Das Schöne an der Bewegung in der Natur ist, dass man reden kann, aber man kann auch schweigen. Und schweigen, muss nicht bleiern sein, sondern es kann passend sein. Und manchmal ergibt sich auch ein Gespräch sofort und manchmal erst nach einiger Zeit, so wie es passt. .....  

 

Wie nimmst du in deiner Arbeit in der Praxis die Trauer von Männern wahr? Mir wird immer die Frage gestellt, ob Frauen anders trauern als Männer? Was würdest du aus der männlichen Perspektive sagen?  

Jeder trauert und hat seine eigene Geschichte. Je nachdem welche Erfahrungen wir im Leben schon gemacht haben, wie wir gelernt haben, mit Gefühlen umzugehen, was wir für ein Typ sind, gehen wir anderes mit Trauer um. Es hat auch mit Rollenbildern zu tun, wie Mann und Frau mit Trauer umgehen. Häufig trauern Frauen offensichtlicher und es fällt es ihnen oft leichter das anzusprechen. Männer sind im Funktionsmodus, weiterzuarbeiten, die Familie zu ernähren, zu funktionieren. Auch die Bindung ist anders: Frauen sind mit ihrem Kind schwanger und erleben die körperliche Veränderungen. Bei Vätern kommt die Bindung erst später. Aber das heißt nicht, dass Männer deswegen nicht traurig sind.  

 

Was würdest du Vätern von Sternenkindern sagen, die zögern, sich für so ein Gruppenangebot anzumelden?  

Es gibt den Spruch geteiltes Leid ist halbes Leid. Es kann erleichternd sein in Kontakt mit anderen Männern zu sein, die wissen, wie es einem gerade geht. Ob dann sofort darüber gesprochen wird, oder ob man nur die Zeit miteinander teilt, muss zuerst mal gar nicht von Bedeutung sein. Und mal schauen was dann passiert.  

 

Vielen Dank Matthias für das Gespräch! 


Buchvorstellung:  Männer trauern anders

 

Ein Buch über die Trauer von Männern -  so wichtig finden wir und stellen es hier gerne vor. Ein Buch von einem Mann geschrieben, denn die männliche Perspektive ist notwendig für die Glaubwürdigkeit des Buches.

Oft haben Frauen den Eindruck, Männer würden gar nicht trauern, weil die Ausdrucksstärke in der Regel viel geringer ist bei ihnen:  sie fassen seltener in Worte, was sie fühlen, sie drücken sich weniger aus. 

Aber trauern sie deshalb weniger? Wie trauern Männer? 

Erstaunlich ist, dass wir darüber wirklich wenig wissen, denn es gibt keine wissenschaftlichen Studien dazu und so gesteht auch Autor Thomas Achenbach ein, dass er bei vielen Themen im Spekulativen bleibt. Dem Buch tut das aber keinen Abbruch. Im Gegenteil ist es hilfreich und aufschlussreich für Fachpersonal und auch für Betroffene. Ob sich Männer darin wiederfinden kann ich natürlich nicht beurteilen, aber ich würde es vermuten. Für die Partnerinnen kann es ebenso gut sein, sich mit der männlichen Trauerverarbeitung zu beschäftigen. Gut ist dan dem Buch auch die Praxisorientierung: "was kann hilfreich sein?" "Wie finde ich passende Angebote zur Begleitung?" etc.

Ich hoffe, wir werden in Zukunft mehr solcher Bücher lesen dürfen und die Trauer der Männer und in unserem Fall der Sternenkindväter wird wichtig, wahr- und ernstgenommen.

 

"Männer trauern anders", Thomas Achenbach (Redakteur, Blogger, Podcaster und Trauerbegleiter www.thomasachenbach.de

Patmos Verlag 2022 


Auf unserem Blog  findet ihr weitere Artikel und Interviews zum Thema Vätertrauer.