
4 Fragen an Kathrin Hanses, Hebamme und Traumapädagogin
Maria: Kathrin, du hast dich spezialisiert auf die Begleitung von Familien mit belastenden oder auch traumatischen Vorerfahrungen. Warum ist dir das als Hebamme wichtig?
Kathrin: Frauen und Familien mit schweren Biographie-Rucksäcken erleben oft die Zeit der Schwangerschaft, Geburt und des Wochenbettes als belastend und traumatisierend. Daher ist es mir als Frau und Hebamme wichtig, diese Frauen auf Augenhöhe zu begleiten, zu stabilisieren und sie zu empowern.
Maria: Wie sind deine Erfahrungen mit Familien, die eine Kleine oder Stille Geburt erlebt haben?
Kathrin: Was mich oft beschäftigt ist die Haltung der Gesellschaft. Gerade wenn die Geburt in sehr frühen Schwangerschaftswochen stattfindet, haben die Frauen das Gefühl sich rechtfertigen zu müssen, wenn sie trauern und sich Unterstützung holen. Für mich gibt es nicht DEN Zeitpunkt, ab dem ich um mein Kind trauern „darf“. Egal wann oder aus welchen Gründen ein Kind still geboren wird, hat die Frau Anspruch auf Begleitung und Stabilisierung. Und Anspruch auf die Zeit und den Raum, den sie für ihre Trauer und den Abschied braucht.
Maria: Oft lese ich, dass Kleine oder Stille Geburten pauschal als traumatisierend betitelt werden - und doch wissen wir, dass Eltern dies nicht immer als schweres Trauma erleben. Warum?
Kathrin: Werden die Frauen gut begleitet und fühlen sich ernst genommen, kann diese Geburt als sehr stärkend empfunden werden. Vor allem, wenn sie in alle Prozesse und Abläufe aktiv mit eingebunden werden. Hier gibt es schon sehr gute und viele Angebote. Manchmal hat man das Gefühl, dass auch Fachpersonal mit den Situationen überfordert sind. Tod oder auch der Umgang mit Frauen nach Gewalterfahrung, macht vielen Menschen Angst, sie verdrängen es aus ihrem Leben.
Maria: Was wünscht du Sternenkindfamilien?
Kathrin: Ich wünsche mir für Sternenkindfamilien eine flächendeckende Begleitung auf Augenhöhe. Dass sie mit ihren Bedürfnissen wahrgenommen werden und ehrlich behandelt werden. Ich wünsche mir grundsätzlich einen positiven und offenen Umgang mit dem Thema Tod, denn er gehört - wie Geburt - zum Leben von uns allen dazu.
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